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Bertram Kober

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bauLICHTleipzig Fotografien von Bertram Kober
Deutsche Bank AG Leipzig

Wir leben in einer Welt, in der wir von Bildern überflutet werden. Bunt, knallig, laut und schier endlos strömen sie auf uns ein, oft genug ungefragt. Denn neben geduldstrapazierenden Werbeblöcken im Fernsehen, stellen sich auch sonst ständig Bilder in den Weg: ob an der Litfaßsäule, der Straßenbahn, dem Auto, dem Bauzaun, der Toilette in der Kneipe, in jeder Zeitschrift oder auch noch hoch oben in der Luft, am kleinen Flugzeug, wir sind ständig konfrontiert mit vorgeschriebenen Seherlebnissen. Wir lernen zwangsläufig damit umzugehen und am besten gelingt dies, indem wir darüber hinwegschauen. Das guckt sich weg - wie man in Sachsen sagt.

Doch nicht für alle. Über die Auseinandersetzung mit den Medien und der Umwelt fand Bertram Kober die Themen für seine Projekte. Ergebnisse seiner Arbeit sind spätestens seit dem Diplom Fotoserien; häufig zu Fragestellungen, die er aus seinem Umfeld, aus seiner Stadt aufnimmt.

Details von Jugendstilhäusern des Leipziger Architekten Paul Möbius fesselten Bertram Kober für seine Diplomarbeit über ein Jahr. Mit einer Kamera, die beinahe so alt ist wie die Häuser, einer Mahagoniholzfachkamera, nahm er sich die Zeit, über die Räume auch den Architekten und die stille Eleganz des Überkommenen zu entdecken.

Langjähriges Beobachten wurde durch die Aktivitäten, die sich im Baugeschehen nach der Wende auch in Leipzig scheinbar allerorts und gleichzeitig vollzogen, aus der ruhigen Position geworfen. Ein gedecktes Haus ist ein gesichertes Haus und verkündet von der Rettung oftmals eines Stückes Kulturgut. Hingegen erschrecken die, vorher niemals so gesehenen schlohweißen Häuserfassaden den Fotografen mit ihrer Ausstrahlung von Sauberkeit und Sterilität. Wo blieb das bunte Innenleben und die Patina? Bertram Kober sah darin nicht nur den Verfall, sondern die Authentizität des Ortes und die Gedanken des Architekten bewahrt.

Der Lehrer für WK = Wissenschaftlichen Kommunismus, welcher sich bemüht sah, den Diplomanden Kober zu fragen, ob er mit seinen Fotos etwa den Zustand der DDR-Gesellschaft kolportieren wolle, irrte. Bertram Kober war fasziniert von der durch die Mangelgesellschaft konservierten ursprünglichen, nicht überformten Aura.

Das aktuelle Baugeschehen in Leipzig hält Bertram Kober nun fotografisch fest. So entstehen unzählige Aufnahmen in der Stadt, von Gebäuden vor ihrem Abriß und nach dem Neubau. Neben permanenten Notgrabungen der Archäologen, die kaum mit ihren Forschungen dem Baugeschehen folgen können, beobachtet Bertram Kober Gegenläufiges, so etwa die über zwei Jahre herrenlose und brachliegende Baustelle des ehemaligen ?Norddeutschen Hofes?, eine Schneider-Investruine. Ein skurilles und traurig aufragendes Fassadenskelett des ehemals geplanten Fürstenhofensembles.

Solche und andere Merkwürdigkeiten gaben den Anstoß für die Serie BauLICHTleipzig, die im Mittelpunkt dieser Ausstellung steht. Bertram Kober gelang es wohlbekannten Plätze aus unerwarteten Blickwinkeln und in ungeahnten Farben zu fotografieren. Die für den Betrachter neuen Farbklänge in den Bausituationen sind vorhanden, nur nimmt sie das menschliche Auge in der Dämmerung nicht wahr. Der Film mit seiner anderen Farbtemperatur kann das. Und der Fotograf begab sich nicht als zufälliger Spaziergänger vor Ort. Erst nachdem der Baulärm verklungen und der letzte Arbeiter heim gegangen war, baute er seine Technik auf und verweilte oft stundenlang für seine Aufnahmen. Die außergewöhnlichen Ergebnisse bestätigen nicht nur das Anliegen des Künstlers. Sie sprechen auch von einem manchmal sogar meditativen Verhältnis zum Ort seiner fotografischen Begierde.

Und so wühlten ihn die Ereignisse um den Abriß der Hauses Emilienstraße 1 auf. Wir stehen hier der Lücke, die damit gerissen wurde, nur schräg gegenüber. Der Schutthaufen auf der Fotografie dokumentiert die Beerdigung des Hauses. Die Vorbereitung auf diese Ausstellung mobilisierte den Künstler noch einmal, den Vorgängen, die dieses Abreißen eines spätklassizistischen Gebäudes mit wundervollen Proportionen und einem städtebaulich sinnvollem Standort zuließen, nachzuspüren. Denn, neben der öffentlichen Diskussion, fragt vor allem die dadurch geschaffene Lücke nach einem Warum? Städtebaulich progressiv wird darum gerungen, vorhandene Lücken auszufüllen und in Leipzig letzte Wunden der Schäden des II. Weltkrieges und 40jähriger DDR-Vernachlässigung zu schließen. So muß sich der Betreiber dieses Abrisses, der Eigentümer des Grundstückes und der umliegenden Gebäude, die Frage nach dem Sinn solcher Kulturvernichtung gefallen lassen. Das im Nachhinein Alternativen für einen -dort nie gewesenen Platz - nun auch von Künstlerhand, gesucht werden, befriedigt wohl nicht nur den Künstler Bertram Kober nicht.

Auch die Themen zweier weiterer erfolgreicher Projekte des Fotografen stellen die Fragen nach dem Warum. Der Versuch, sich einer von der Gesellschaft stigmatisierten Gruppe, nämlich rechtsorientierten Jugendlichen mit der Überschrift „Freiheit macht Arbeit“ zu nähern, brachte neben der angeregten breiten Auseinandersetzung, dem Künstler von - sanft gesagt - unkundiger Seite auch zweifelhafte Attribute, wie das der eigenen rechten Haltung, ein. Feindseeligkeiten wollte Bertram Kober nicht vordergründig herausstellen, doch wie so oft, wenn einer nicht nur an der Oberfläche, am schönen Bild bleiben möchte, fördert er auch Dunkles zu Tage oder Skurriles / Spuren ganz gewöhnlichen und doch stets sehr persönlichen Lebens. So auch mit der Serie und dem Buch „Kulpoche - Altäre der Privatheit“. Andreas Krase schrieb dazu: „Bertram Kober hat sich mit Ablagerungen menschlicher Geschichte befaßt, um die in ihnen eingeschlossenen Phantasien und realen Ungeheuerlichkeiten aufzuzeigen. Die Thematik dieser Bilder ist der unentrinnbare Widerspruch, der zwischen der Sehnsucht nach Entgrenzung, nach Befreiung aus Begrenztheit menschlicher Lebensverhältnisse und den jämmerlichen Klischees besteht, in denen sich diese Sehnsucht entäußert.“ Und A.K. schließt: „Das Blau der Ferne und der Konsumkitsch, sie sind Synonyme dieser Epoche. Dazwischen vergeht Leben.“
Dem möchte ich nichts mehr hinzufügen.

Christine Dorothea Hölzig
Laudatio gehalten zur Eröffnung der Ausstellung am 7. März 2000